“Solange du lügst”, oder im Englischen “Fingersmith”, ist ein weiterer grandioser Roman mit lesbischer Thematik von Sarah Waters. Die junge Sue, die zu einer Londoner Bande Kleinkrimineller gehört, wird in das Anwesen der Familie Lilly geschleust. Dort soll sie als Zofe der gleichaltrigen Maud diese dazu bewegen, auf einen Heiratsschwindel hereinzufallen. Doch das Lügen und Betrügen fällt auch der cleveren Diebin nicht so leicht, als sie sich in das geplante Opfer verliebt…
Der Klappentext:
England im 19. Jahrhundert: Susan Trinder wächst im Waisenhaus der zwielichtigen Mrs. Sucksby auf. Gemeinsam mit dem aalglatten Richard Rivers, genannt »Gentleman«, plant sie einen großen Coup: Als Zofe will sie sich in das Vertrauen der jungen Erbin Maud Lilly einschleichen, um alsbald die Weichen für deren Heirat mit Gentleman zu stellen. Kurz nach der Eheschließung soll Maud dann ins Irrenhaus abgeschoben werden, um an ihr Vermögen zu kommen. Zunächst verläuft alles nach Plan. Selbst die zärtlich-leidenschaftlichen Gefühle, die Susan schon bald für Maud entwickelt, können sie nicht beirren. Doch plötzlich nehmen die Ereignisse eine atemberaubende Wendung. Zu spät erkennt Susan, dass sie in ein gefährliches Intrigenspiel geraten ist, in dem es nun um Liebe und Tod geht …
Mein Leseerlebnis:
“Solange du lügst” war das erste Buch von Sarah Waters, das ich gelesen habe – und ich glaube, es ist auch bis heute mein Favorit. Trotz des eher schäbigen Daseins, das Sue in ihrer Londoner Diebesbande fristet, ist sie ein sehr sympathischer, cleverer Charakter. Ihre Bemühungen, ihrer neuen Rolle als betrügerische Zofe der hübschen, jedoch vereinsamten Maud Lilly gerecht zu werden, sind teilweise die reinste Komödie. Unpassenderweise beginnt sie mehr als Sympathien für ihre junge Herrin zu entwickeln und findet sich wieder in einem frustrierenden Kampf zwischen den Gefühlen für ihre Diebesfamilie und denen für Maud.
Tja. Und dann kommt einer der krassesten Turning Points, die ich je gelesen habe, und alles ist auf einmal ganz anders.
Während ich total mitging bei der zarten Liebe zwischen den beiden Protagonistinnen, wollte ich doch beide zwischendurch immer wieder schütteln und anschreien, sie mögen doch einfach reinen Tisch machen – und doch fühlte auch ich als Leserin die ganze Zeit, dass das kaum helfen würde. Sue und Maud bewegen sich sehenden Auges jeweils in eine unzumutbare Situation – und wissen dennoch überhaupt nicht, auf was sie sich tatsächlich eingelassen haben. Der Leser übrigens auch nicht. Nach und nach entspinnt sich hier erst ein Netz aus verruchten Geheimnissen, die schließlich enthüllen, dass niemand das ist, was man zu anfangs noch glauben mochte. Eine schön verstrickte und verzwickte Geschichte, die auch auf herrliche Art und Weise die sexuelle Doppelmoral des viktorianischen Englands demaskiert.
Fazit: Zwei sympathische und doch verbrecherische Protagonistinnen erleben eine süße, wenn auch scheinbar aussichtslose lesbische Liebesgeschichte in einer verlogenen und korrupten Welt. Das ist die Art Drama, die ich liebe! 😀 Absolute Leseempfehlung.
<3 <3 <3 <3 <3
Ich kann übrigens auch die BBC-Verfilmung des Buchs empfehlen:
Meine weiteren Rezensionen zu Sarah Waters Büchern mit lesbischer Thematik:
Fremde Gäste
Die Frauen von London
Selinas Geister
Die Muschelöffnerin
Januar 23, 2017 um 11:02 am
auf dieses buch bezieht sich ein film , den ich mir heute schon voll freudiger vorerwartung ansehen werde; er läuft gerade in berlin
Die taschendiebin
https://www.youtube.com/watch?v=YxCjAssJFh4
Januar 23, 2017 um 11:53 am
Hi Andrea! Ja, ich hab ihn schon gesehen 🙂 Hier meine Rezension: https://www.frauverliebt.de/2017/01/16/im-kino-die-taschendiebin/