“Hell is Empty” lautet der Titel des letzten Kapitels der “Life is Strange” Vorgeschichte “Before the Storm – Episode 3”. Leer fühlte ich mich nach dem Spielen auch. Aber nicht, weil es die Hölle war – sondern weil ein tolles Spiel mit lesbischer Lovestory endete…
“Before the Storm – Episode 3” setzt nahtlos dort an, wo Episode 2 geendet hatte. Rachel hat die dramatische Wahrheit über ihre Mutter erfahren, ihre Welt bricht zusammen. Wir Spieler schlüpfen wieder in die Rolle von Chloe, die sich fest auf die Fahnen geschrieben hat, ihre neue beste (und feste?) Freundin zu unterstützen und wieder aufzubauen. Was folgt, ist ein Spiel, das mehr düstere Szenen beinhaltet als die beiden vorherigen Episoden und Chloe mit Fragen nach Wahrheit und Lüge, Liebe und Gewissen konfrontiert. Wie weit gehen wir Menschen, um diejenigen zu beschützen, die wir lieben? Rechtfertigt Liebe eine Lüge – oder gar ein Verbrechen? Wie weit würdest du gehen?
Trotz, für meinen Eindruck, weniger spielentscheidenden Wahlmöglichkeiten in dieser Episode, hat mich das Gameplay mal wieder überzeugt. Deck Nine und Square Enix bleiben der Linie treu und bieten auch in “Life is Strange: Before the Storm – Episode 3” liebenswerte Charaktere und moralisch knifflige Entscheidungen, gehüllt in eine Atmosphäre voll Teenie-Drama, Weltschmerz und den großen Fragen des Lebens. Hinzu kommt, dass die “Before the Storm”-Reihe denjenigen, die gerne eine lesbische Storyline sehen und spielen wollten, noch mehr entgegenkommt als es “Life is Strange” bereits getan hatte…
„When you meet someone who’s going to change your life… You just know it, I guess.“ – Chloe Price
Es ist eindeutig möglich, die Beziehung von Chloe und Rachel höchst romantisch auszulegen – was ich natürlich bei jeder Gelegenheit getan habe. Und ich fand es herrlich. Der Unterschied zu fiktiven lesbischen Romanzen, die uns Filme oder Bücher erzählen, liegt im Spiel eindeutig darin, dass man als Spieler eine noch stärkere Identifikation mit den Charakteren aufbauen kann. Ich war Chloe. Ich lernte Rachel kennen. Bereits in “Life is Strange” habe ich mich als Max in Chloe verknallt – in “Before the Storm” habe ich mich als Chloe in Rachel verliebt. Es gibt nicht viele Spiele, die uns Lesben und Homosexuellen die Möglichkeit geben, eine solche Story zu spielen und zu durchleben. Für mich macht dies (und das tolle Gameplay) die “Life is Strange”-Reihe zu einem ganz besonderen Erlebnis, das ich wirklich jedem ans Herz legen möchte.
!!! ACHTUNG: SPOILER !!!
Trotz aller Liebe für Chloe und Rachel und Max: Was “Before the Storm – Episode 3” nicht geboten hat, sind konkrete Antworten auf Fragen, die man als “Life is Strange”-Spieler haben könnte. Im Gegenteil – ich bin sogar noch verwirrter als zuvor. Es bleibt weiterhin völlig im Unklaren, wie es später in “Life is Strange” zu dem fulminanten Sturm und der Zeitumkehrung kommen konnte. Doch was noch unklarer wurde, obwohl wir so viel Zeit mit ihr verbringen, ist Rachel Amber. Wie bereits oben beschrieben, hab ich mich mit Chloe total in sie verknallt – aber als Spielerin von “Life is Strange” weiß ich sehr wohl, welche Entdeckungen Chloe dort noch über Rachel machen wird. Diese passen kaum zu der Story, die ich in “Before the Storm” gespielt habe. Rachel wird mit Frank anbändeln? Wieso denn nur?! Und mit Jefferson auch noch? Das lässt sich leider kaum mit der Liebesgeschichte vereinbaren, die ich in “Before the Storm” gespielt habe. Sorry. Außerdem hatte ich naives Ding bis zum Schluss darauf gehofft, dass Rachel durch irgendeinen merkwürdigen Dreh (in diesem Spiele-Universum gibt es immerhin Zeitreisen) nicht würde sterben müssen. Doch die letzte Szene des Spiels, in der Rachels Handy in Jeffersons Fotokeller vibriert, war ein absoluter Stimmungskiller für mich. Absolut tragisch und einfach schmerzhaft, nachdem man Rachel in diesen Episoden ins Herz geschlossen hatte.
!!! SPOILER ENDE !!!
Nichtsdestotrotz feiere ich die “Before the Storm”-Reihe als ein großes Vergnügen sowohl für Gamer, die Stories mit tollen Charakteren und Identifikationspotenzial lieben, als auch für Frauen, die Frauen lieben, oder auch alle anderen, die ihren Spiel-Helden eine gleichgeschlechtliche Liebesbeziehung gönnen. Es ist toll, wenn ein Game, das eine so breite Masse erreicht, ganz selbstverständlich die LGBT-Thematik aufgreift. So kann ein Spiel die Gesellschaft beeinflussen. So kann selbst ein Spiel die Welt ein Stück weit verändern. ❤
Januar 29, 2018 um 9:43 pm
Du inspirierst mich. Als Disney-Fan, der irgendwann mitsamt Luftschloss auf den Boden der Tatsachen zurückgeknallt ist, als Fußballspielerin, die ihr einziges Tor mit der Hand „schoss“ (es galt, der Schiri hat nur den Ball im Netz gesehen, danach spielte ich Torwart) und als Schauspielerin, die es wohl übertrieben hat, fand ich zum Schreiben zurück, Geschichten vom ganz normalen Wahnsinn an Mädchenschulen (so neidisch auf deine Erfahrungen, verwahrt in Tagebüchern, iieeks), Herzblutrevolten, bewohnte Göttinnen.
Disney, Sarah Waters und J.K. Rowling (wie die beiden schreiben!!!) sind meine liebsten Quellen.
Im Abseits der Lichter (geiler Titel) hole ich mir noch, von der Autorenbeschreibung sind die Infos, nicht dass du ein Schreck bekommst. Ich darf also gespannt sein.
Hm, ja zu dem Artikel, wusste ich nicht, danke für die Neuigkeit.
Januar 30, 2018 um 7:40 pm
Hallo LiezeMieze,
vielen Dank für deinen schönen Kommentar! Ich freu mich wirklich sehr darüber! Da scheinen wir ja viel gemeinsam zu haben. 😉 Ich hoffe, „Im Abseits der Lichter“ wird dir gut gefallen. 🙂
Alles Liebe,
deine Lina
September 15, 2018 um 9:55 am
Ich finde deinen Kommentar zum Spiel sehr schön und ich finde es interessant mal einen anderen Blickwinkel zu sehen 🙂 . Ich habe deinen Artikel zu Life is strange 1 gelesen und bei mir war es so das ich das überhaupt garnicht bemerkt habe das chloe und Max sich lieben. Auch als man die Möglichkeit hatte chloe zu küssen dachte ich mir wenn man doch einen Menschen mag warum sollte man diese Person nicht küssen? Das Rachel und Chloe sich lieben oder das Chloe aufjedenfall Rachel liebt habe ich diesmal sofort gemerkt. Besonders bei dem Theaterstück ( die Improvisationsszene). Ich denke man braucht als Mensch wenn man diese Spiele spielt ein großes Empathiepaket und eine gewisse Bereitschaft sich in andere hineinzuversetzen. Mir helfen die Spiele wenn es mir nicht gut geht ,weil ich sehe das ich nicht alleine mit solchen Problemen bin. Welches Spiel ich noch empfehlen kann ist Hellblade. Man braucht bei diesem Spiel auch Empathie um es nicht als Horror oder Gewaltspiel abzustempeln. Vielmehr ist es ein Einblick in Menschen mit psychischen Krankheiten. Für Menschen die sich in sowas nicht hineinversetzen können. Mich beeindrucken Life is strange und Hellblade und ich hoffe das in Zukunft noch mehr Entwickler den Mut haben solche Spiele zu entwickeln. Captain Spirit hat mich auch beeindruckt und ich hoffe Life is Strange 2 wird auch großartig 🙂
Bin mal auf deine Meinung gespannt 🙂
August 22, 2020 um 9:53 pm
Hallo Lina,
Ich habe soeben Life is Strange- Before the Storm zu Ende gespielt und meine Augen sind noch feucht. Auf der Suche nach mehr im www über Chloé Rachel und Max bin ich auf deine Seite gestoßen und habe nun mit freudiger Überraschung festgestellt das du das Buch „im Abseits der Lichter“ geschrieben hast! Vor ca 1 Jahr habe ich es mit emotional klopfenden Herz als Hörbuch genossen!
Auf diesem Weg vielen Dank für diese Geschichte die mich noch lange verfolgt hat, in meinen Gedanken..Herz und Gefühlen.
Ich bin zwar ein Mann, aber ich weiß wenn ich eine Frau wäre würde ich trotzdem Frauen lieben!
Frauen sind einfach das bessere Geschlecht, für Sie lohnt es sich zu leben zu lieben und zu sterben…