Braucht die Welt eine neue, deutsche Serie mit homosexuellen jungen Menschen im Mittelpunkt? Wenn ich mir kurz den deutschen TV- und Web-Serien-Markt vor Augen führe… Ja. Eindeutig ja.
Wer erinnert sich noch an… Paula und Franzi? Jenny und Emma? Susanne und Carla? Rebecca und Marlene? Alles geliebte, lesbische Serienpärchen. Alle schon lange von der Mattscheibe verschollen. Und auch Anni und Jasmin, die sich gerade bei GZSZ immer mal wieder beschnuppern, werden dem Untergang geweiht sein. Das deutsche Fernsehen hat seinen nicht-heterosexuellen Zuschauer nicht mehr zu bieten, als kurze queere Soap-Storylines, die schneller wieder zu Ende sind, als sie begonnen haben. Irgendwie mau.
Das dachte sich auch Jessy Mibes. Die sich selbst als Serienjunkie bezeichnende 28-jährige ist die Begründerin des Projekts Lezz-A-Faire, eine Serie mit queerer Thematik. Eigentlich war es eine wahre Schnapsidee: „Ich hatte mich mit einer Freundin darüber unterhalten, dass es einfach viel zu wenige queere Serien auf der Welt gibt. Aus Jux hat sie dann gesagt Du kannst doch super schreiben. Du könntest ein Drehbuch entwerfen und ich spiele die Hauptrolle.“ Gesagt, getan. Jessy begann ein Drehbuch zu schreiben und stellte schnell fest, dass die Idee immer größer wurde. Über Ausschreibungen auf Film- und Schauspielerportalen erreichte Jessy eine ganze Masse an Menschen, die sich für das Projekt interessierten – und schon bald wuchs ein Team um Lezz-A-Faire herum. Schauspieler, Ton- und Kameraleute und engagierte Laien arbeiten seither voller Herzblut an der Realisierung von Lezz-A-Faire.
Worum geht es denn in der Serie?
Als Sendung soll sich Lezz-A-Faire an amerikanischen und britischen Serien wie zum Beispiel Skins orientieren. Das Wortspiel des Titels verrät schon einiges über die Thematik. Auf der einen Seite spielt er auf das französische Wort „laissez-faire“ an. Dieses beschreibt ein pädagogisches Konzept, bei dem auf erzieherische Maßnahmen verzichtet und das Kind seinem eigenen Lernprozess überlassen wird. Zum anderen steht Lezz-A-Faire für „lesbian affair“ – also lesbische Angelegenheiten. Die Serie richtet sich nicht ausschließlich, aber doch in besonderem Maße an jüngere Menschen, die auf der Suche nach sich selbst sind. „Sie finden in dieser Serie die Möglichkeit, hautnah den Weg bei ihren Identifikationscharakteren mitzuerleben“, beschreibt Jessy. Die Suche – nach sich selbst, nach der Liebe, nach dem Sinn – treibt die Charaktere an.
Tabuthemen werden bei Lezz-A-Faire schonungslos offengelegt: Sex, Drogen, Gewalt – alles wird dem Zuschauer vor Augen geführt. Lezz-A-Faire will authentisch sein, vor allem in der Darstellung queerer Menschen, wie Jessy verrät: „Meiner Meinung nach ist es leider so, dass Film- und Seriencharaktere, die nicht heterosexuell ausgerichtet sind, meist extrem ‚eingefärbt‘ sind. Bei den meisten würden Menschen mit einem guten Gay-dar sofort sagen ‚Die ist doch niemals lesbisch!‘ oder es werden die Klischees aufgegriffen, was wiederum zu einem extremen Schubladendenken führt. Beides trägt nicht dazu bei, die große Individualität und Authentizität von queeren Menschen sichtbar zu machen, aber wir hoffen, dass wir da mit unserer Serie auch ein bisschen Abhilfe schaffen können.“
Spenden erwünscht
Ein rühmliches Anliegen, ein tolles Konzept, mehr Sichtbarkeit für die LGTBQ-Community und gute Unterhaltung – die Welt braucht Lezz-A-Faire, und Lezz-A-Faire braucht die Welt. Alle Beteiligten arbeiten unentgeltlich an der Produktion – aber sie kostet dennoch Geld. Eine vollwertige Folge, mit allen Requisiten, Equipment und Überarbeitungen schluckt rund 60.000 Euro. Deswegen will sich die Serie über Crowdfunding finanzieren – hier kann man spenden, auch die kleinsten Beträge bringen die Produktion voran. In der Hoffnung auf mehr als kurzweilige, klischeeaufgeladene Soap-Opera Lesben ist meine Spende schon eingegangen… 🙂
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