Schon mal bei Netflix im Suchfeld „lesbisch“ eingetippt? Es lohnt sich! Ich bin dort auf den Film “Anatomy of a Love Seen” gestoßen. Dieser durchaus irgendwie merkwürdige (weil in seiner Handlung eingeschränkte) Film hat mir echt gut gefallen! Es geht um zwei Schauspielerinnen, die sich während einer Liebesszene ineinander verlieben…
Zoe (Sharon Hinnendael) und Mel (Jill Evyn) haben sich am Filmset kennen und lieben gelernt. Nach wenigen Monaten Beziehung hat sich Mel allerdings ohne Erklärung getrennt. Pikanterweise sehen sich beide wieder am Set – denn ihre Liebesszene muss erneut gedreht werden! Dies ist die Ausgangslage von “Anatomy of a Love Seen” und bietet den Rahmen für den gesamten Film – was folgt, ist der emotional aufgeheizte Tag am Set. Somit ist der Handlungsrahmen des Films beschränkt: In seinen 86 Minuten Spielzeit verlässt der Film nie das Set.
Neben dem Hauptpaar Zoe und Mel sind die einzigen anderen relevanten Charaktere die Regisseurin Kara (die übrigens tatsächlich die Regisseurin des Films ist, Marina Rice Bader) und ihre Assistentin Anne (Constance Brenneman), während Kameramänner und andere Personen nur im Hintergrund auftreten. Dieser klein gehaltene Rahmen trägt dazu bei, dass der Film eine geballte Intensität besitzt. Nichts lenkt von der zentralen Problematik ab – alles dreht sich um das Drama der kaputten Beziehung von Zoe und Mel, ihre gebrochenen Herzen und die Frage, warum diese Liebe gescheitert ist.
Sex mit der Ex! Ein lesbisches (Schau-)Spiel der Emotionen…
Weiß nicht, ob ihr euch solche Fragen auch schon mal gestellt habt – aber ich habe mich durchaus schon mal gefragt, wie das für Schauspieler eigentlich ist, intime Liebesszenen miteinander zu teilen. Ob man dabei immer sachlich und distanziert bleiben kann? Stell ich mir irgendwie schwierig vor. Dementsprechend fand ich die Dreharbeiten-Thematik von “Anatomy of a Love Seen” und das dort stattfindende Verschwimmen von Professionalität, Spiel und realen Emotionen sehr spannend. Auch der Gedanke, etwas auf der Welt könnte einen dazu zwingen, mit einem Ex-Partner noch einmal liebevoll sein zu müssen, wie hier der Drehplan vorgibt, hat mich nachdenklich gemacht. Die Vorstellung ist absurd, doch das Szenario des Films rückt sie in den Bereich des Möglichen. Wie rational kann man emotionale behaftete Konflikte angehen und lösen? Inwieweit lassen sich Gefühle überhaupt kontrollieren?
Regisseurin Bader ließ ihre Schauspielerinnen die Dialoge improvisieren (wie ich erst nach dem Ansehen des Film las – es wäre mir so nie aufgefallen). Somit floss hier in jeden Satz und jedes gespielte Gefühl noch eine andere Ebene von Emotionalität ein – eben die, die die Darstellerinnen in ihren Rollen unmittelbar empfanden. Ich finde, das ist eine super interessante Idee und Herangehensweise und trägt sicherlich dazu bei, dass “Anatomy of a Love Seen” ein gefühlsintensiver Film geworden ist.
Ach ja – nebenbei ist der Film auch ziemlich sexy, schließlich geht es um den Dreh einer Sexszene. Ich vermute in diesem Zusammenhang, dass das schlechte Rating bei Netflix daher kommt, dass manch einer einen reinen Erotikfilm erwartet hat. “Anatomy of a Love Seen” ist mehr als das. Der Film tendiert in seiner Gesamtheit zu der Botschaft, dass Gefühle schlicht und ergreifend nicht ignorierbar sind und an der ein oder anderen Stelle immer hervorbrechen werden. Ein hochintensiver, sensibler Trip – wie die Liebe eben.
April 26, 2019 um 12:01 am
Hi Lina, wäre interessant zu wissen, wann du diesen Beitrag verfasst hast. Leider ist der Film nicht mehr auf Netflix zu finden. Du hast mich neugierig gemacht.
Mai 28, 2019 um 8:33 pm
Hallo Marie,
oh – ja das ist schon ein bisschen her, 2016 war das! Ich hab gerade mal flugs gegoogelt – bei Amazon kann man sich den wohl leihen. Ich hoffe, du wirst schnell fündig. 🙂
Ganz liebe Grüße
Lina
Januar 20, 2024 um 12:54 pm
Wunderschön.