Alle Mädchen wollen Prinzessinnen sein… ist Quatsch. Aber tatsächlich gibt es eine gewisse Anzahl an Mädchen, die gerne von einem Leben im Schloss, einem Haufen Bediensteten, tollen Kleidern und vielleicht auch von einem Prinzen träumen. Doch was, wenn sie eher an eine andere Prinzessin denken…? Das scheint erst einmal nicht so gut zusammenzupassen – denn wer hat schon mal von Homosexuellen bei Hofe gehört?! Lesbische Prinzessinnen: Gab oder gibt es das überhaupt?
Die Welt der Adeligen war schon immer eine andere. Stets lebten sie ein Leben jenseits des gemeinen Fußvolks und wenn sie nicht gerade Opfer einer Revolution wurden, bestand dieses Leben aus verdammt vielen Privilegien. Allerdings obliegt und oblag das höfische Leben auch immer strengen, konservativen Reglementierungen – gerade was Geschlechterrollen und das Liebesleben angeht. Noch heute können Mädchen nicht in jeder Monarchie den Thron erben. Die Partnerwahl wird bis heute nach Kriterien wie dem sozialen Stand begutachtet und von Klatschmagazinen scharfzüngig bewertet. Schlimmer als bei jedem anderen in der Öffentlichkeit stehenden Menschen achtet man bei Adeligen auf ihr moralisches und für das Land repräsentatives Verhalten. Im Verlauf der Geschichte sind die konservativen Schlingen zwar lockerer geworden – immerhin heiraten Monarchen heute auch Bürgerliche ohne allzu viel Tamtam – eines scheint jedochl immer noch undenkbar: Ein schwuler Prinz oder eine lesbische Prinzessin. Aber auch wenn wir heute von keinem homosexuellen Thronerben wissen, heißt das nicht, dass es sie nicht gibt oder gab…
Wagen wir einen Blick in die Geschichte…
Doch Obacht! Je weiter wir gehen, desto schlimmer galten damals konservative Konventionen und desto weniger kann man davon ausgehen, dass eine lesbische Liebelei es irgendwie in heute noch einsehbare Dokumente geschafft haben könnte. Zumal jegliche weibliche Sexualität lange Zeit sowieso nicht ernst genommen und ignoriert wurde (wie ich im Beitrag “Was heißt denn hier lesbisch” bereits anreiße). Aber! So manche Quelle gibt es eben doch…
Zum Beispiel solche über Christina von Schweden (1626 – 1689). Ihr bewegtes Leben begann mit einer Erziehung, die der eines Jungen glich – Christina lernte Reiten und Jagen, sie verbrachte kaum Zeit mit ihrem Äußeren, sondern mit Studien. Mit nur 16 Jahren bestieg sie den schwedischen Thron. Die Nachwelt fasziniert sie bis heute nicht nur aufgrund ihrer unkonventionellen Erziehung, sondern auch, weil sie ganz offen ablehnte zu heiraten, obwohl alle Welt sie dazu drängte. Sie wird zitiert mit den Worten: “Es ist mir nicht möglich zu heiraten. So verhält es sich damit. Über meine Gründe schweige ich. Mir steht nicht der Sinn nach einer Ehe. Ich habe Gott innig gebeten, er möge meine Gesinnung ändern, aber es ist … nicht gelungen.” Ihre Gesinnung hielt sie allerdings nicht davon ab, eine sehr lange, liebevolle Beziehung zu ihrer Hofdame Ebba Sparre zu führen, was sich in ihren leidenschaftlichen Briefwechseln dokumentiert. Ein Film über Christinas bewegtes Leben kam im Juli 2016 in die deutschen Kinos, The Girl King:
Eine weitere, als Frau mit lesbischen Neigungen bekannte Monarchin stammt ebenfalls aus dem 17. Jahrhundert. Über Queen Anne (1675 – 1714) aus England sind wohl zwei Dinge am besten bekannt: Sie hatte 17 (!) Fehlgeburten bzw. verlorene Kinder zu verkraften. Und sie unterhielt eine sehr lange, sehr innige Beziehung zu ihrer Hofdame Sarah Churchill, Duchess of Marlborough. Interessanterweise warf genau diese Sarah Anne in ihrer späteren Biografie eine lesbische Beziehung zu einer anderen Hofdame vor. War da jemand eifersüchtig?
Während es über Christinas und Annes Zuneigung für bestimmte Frauen recht überzeugende Dokumente gibt, reicht es bei Frankreichs ehemaliger Königin Marie Antoinette (1755 – 1793) nur für uralte Gerüchte, die nie als etwas anderes bewiesen werden konnten. Ihr wurden schon zu Lebzeiten lesbische Neigungen nachgesagt. Allerdings muss man bedenken, dass Marie Antoinette, als letzte Königin unmittelbar vor der Französischen Revolution 1789 (die dann zu ihrer Enthauptung führte), einigen Schmähschriften und böswilligen Behauptungen ausgesetzt war.
Über Isabella von Parma, Prinzessin von Bourbon-Parma und verheiratete Erzherzogin von Österreich, (1741-1763), ist allgemeinhin bekannt, dass sie in die Schwester ihres Gemahls, Marie Christine, verliebt war. Die beiden sollen sich täglich seitenweise Liebesbriefe geschrieben haben. Isabella verstarb jung, nachdem sie zuvor mit einer gewissen Abscheu für den Hof und Todessehnsucht gelebt hatte. Diesen Hang teilte sie mit der ein Jahrhundert später am Wiener Hof lebenden Sissi (1837-1898), welche ihrerseits übrigens leidenschaftlich Bilder von schönen Frauen sammelte. Hm…
Und heute?!
Das Ergebnis meiner relativ oberflächlichen Recherche besagt, dass es derzeit, im 21. Jahrhundert, KEINE einzige lesbische Adelige in den mir bekannten Königshäusern gibt. Prinzessin Eugenie (26), die Nummer 8 der britischen Thronfolge, wurde wohl mal in Lesbenclubs gesichtet – allerdings hat sie ganz offiziell einen Freund. Tarnung oder nicht? In jedem Fall gibt es gerade keine offen homosexuell lebende Prinzessin. Wirklich gerne lasse ich mich eines Besseren belehren – aber bis dahin kann ich nur sagen: Schade! Das einzige etwas jüngere Zeichen von der möglichen Existenz lesbischen Lebens in königlichen Kreisen ist Prinzessin Margaret (1930 – 2002) aus England, die jüngere Schwester von Queen Elizabeth II. Eine Biografie behauptet, sie habe in ihren jungen Jahren neben Drogenexzessen auch lesbische Affären gepflegt. Ob der Biograph seine Informationen aus seriöser Quelle hatte? Noone knows.
Offensichtlich ist Homosexualität in Adelskreisen noch heute ein eher heikles, verschwiegenes und unausgelebtes Thema. Es kann natürlich sein, dass in jenen Kreisen einfach wenig Homosexualität vorgekommen ist, da vergleichsweise nur wenige Menschen adelig sind – in Deutschland schätzungsweise 0,1% der Bevölkerung… Es kann aber auch sehr gut sein, dass über all die Jahrhunderte einfach viel verschwiegen und unter den Teppich gekehrt wurde. Der Blick zurück allerdings zeigt, dass es durchaus lesbische Prinzessinnen gegeben hat – und sicherlich auch immer wieder geben wird. Zumindest können wir uns ja alle Hoffnung auf eine baldige Disney-Prinzessin machen (siehe #GiveElsaAGirlfriend) – und das wäre doch auch schon was… ☺
März 16, 2017 um 9:34 pm
Hallo Lina
deine seite ist echt super, ich bin selbst historikerin und finde das thema lesbische herrscherinnen sehr spannend, überlege gerade, ob ich einen roman schreibe und schwanke arg zwischen anne und isabella, zu anne gibt es in der münchner bib immer hin quellen
bin übrigens auch ein großer fussball fan
glg
caro
März 18, 2017 um 9:57 am
Hi Caro!
Freut mich, dass dir der Blog gefällt! Deine Roman-Idee klingt super, ich würde so eine Geschichte gerne lesen! 🙂
Liebe Grüße,
Lina
September 10, 2017 um 9:59 am
hallo Lina
danke dir, das Schreiben macht echt spaß, habe das buch fertig, „ich bin Isabella, eine unmögliche Liebe am Hofe Maria Theresias“
du siehst, es ist Isabella geworden, die sich in mein Herz geschlichen hat und sich nicht mehr vertreiben lies.
glg
caro
September 10, 2017 um 10:00 am
hier noch mein blog
http://www.zinkeisen.jimdo.com
Juli 2, 2019 um 10:47 am
besprichst du auf deiner Seite auch ebooks?
Ich habe dir doch erzählt, dass ich einen lesbischen Roman (über Isabella von Parma) geschrieben habe. Jetzt habe ich ihn als Ebook über Neobooks veröffentlich, Preis 5,99 €, erhältlich unter anderem bei Amazon.
„Ich bin Isabella – eine unmögliche Liebe“ spielt im 18 jahrhundert – Isabella war die Schwiegertochter Maria Theresias und liebte ihre Schwägerin Marie Christine
Isabella von Parma lebte im 18 Jahrhundert (31. Dezember 1741 bis 27. November 1763) am Hofe Maria Theresias, war mit Joseph II, dem Sohn Maria Theresias, verheiratet, liebte aber ihre Schwägerin Maria Christina, oder je nach Lesart Marie Christine, von Isabella oft zärtlich Mimi genannt. Isabella schrieb Marie Christine viele Briefe in einem sehr schwärmerischen Stil verfasst. Diese Briefe befinden sich im Nachlass von Albert von Sachsen Tesche, den Marie Christine nach Isabellas Tod geheiratet hat und legen eine lesbische Beziehung der beiden Frauen nahe. Isabella duzte Mimi in den Briefen teilweise und sprach sie mit ihrem Kosenamen an, während sie ihren Mann Joseph stets Erzherzog nannte. Zudem sprechen die Briefe eine recht eigene Sprache, weswegen ich Isabella und Mimi den Mut gab, sich lieben zu dürfen, nicht nur auf dem Papier in Form von Briefen, sondern auch in Natura.
Zudem gibt es noch eine zweite Erzählebene in der Jetzt Zeit, in der Elodie, eine junge Frau, spürt dass sie nicht ihren Verlobten Viktor, sondern ihre beste Freundin Vanessa liebt. Da sie selbst adelig ist, goggelt sie, ob es lesbsiche Prinzessinnen gibt oder gab und landet auf dem Blog von Lina Kaiser. Dort sieht sie isabella, die ihr ähnlich sieht und ist durch ihr Schicksal berührt.
https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwjU3vmvgpbjAhXCb1AKHayJDFcQFjAAegQIBRAB&url=https%3A%2F%2Fwww.frauverliebt.de%2Fgibt-es-eigentlich-lesbische-prinzessinnen%2F&usg=AOvVaw0bZ8_HEz0OIzTpWvFuyY9C
In der Nacht erscheint ihr Isabella als Geist und erzählt ihr ihre Lebensgeschichte.
Durch Isabellas Hilfe fasst Elodie den Mut, sich von Viktor zu trennen und zu ihrer Liebe zu Vanessa zu stehen
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glg
Carina Zinkeisen
Juli 2, 2019 um 6:51 pm
Hi Carina,
das liest sich super interessant! Muss ich mir unbedingt mal anschauen! 🙂
Momentan nehme ich gar keine Rezensionen an, weil ich nicht hinterherkomme mit dem Lesen… Leider.
Aber die Story reizt mich schon sehr! Schreib mir gern mal eine Mail dazu – vielleicht kann ich eine Leseprobe haben? 😉
Liebe Grüße
Lina
April 25, 2021 um 9:24 am
Hallo Lina,
Wollte nur noch etwas zu deinem Post über lesbische Prinzessinnen hinzufügen. Auf Hawaii ist die 93-jährige de facto Kronprinzessin mit ihrer 27 Jahre jüngeren Frau im Streit vor Gericht um ihr riesiges Vermögen. Sie hatte wohl einen Schlaganfall und es ist nicht klar, ob die Gegenseite auf ihr Geld schielt, indem sie behaupten, dass die Prinzessin ihr Vermögen nicht mehr selbst verwalten könne, oder ob sie ihre Beziehung nicht gutheißen. Klang sehr interessant, vielleicht lohnt sich ein Update:)
LG Viola
Januar 7, 2024 um 3:13 pm
Mir ist es auch schleierhaft dass jemals solche adligen Frauen lesbisch gewesen sein sollen. Die müssen so viel Druck gehabt haben, dass da keine wirklich eigene Identität übrig bleiben kann. Adlige Männer sahen diese Frauen nur als Objekte, das ist extremer als beim Fußvolk wo es oft auch darum ging Frauen und Mädchen als Arbeitskraft zu gebrauchen. Das Schema findet sich ja heute noch eigentlich in weiten Teilen. Unterschicht, Mittelschicht und Elite. Je höher man auf der Treppe steht desto tiefer kann man runter gestoßen werden oder?