Ein schöner neuer Coming-out Roman: “Unser Platz in dieser Welt” von Luisa Strunk erzählt von der ersten Liebe, Mobbing und dem Prozess von Coming-in und Coming-out. Im Interview erzählt Luisa, wie es zu dieser Buchidee kam und ob sie weitere Bücher mit LGBT-Thematik plant… 

Der Klappentext:

Was, wenn es ein Mädchen ist, das dein Herz höherschlagen lässt? Freunde finden. Irgendwo dazugehören. Sich verlieben. Ganz normale Wünsche für ein 16-jähriges Mädchen. Aber nicht für Marie, die seit Jahren unter den Angriffen ihrer Mitschüler leidet und die Hoffnung, sich weniger einsam zu fühlen, längst aufgegeben hat. Stattdessen findet sie Zuflucht in ihren Büchern. Als sie eines Abends jedoch ausgerechnet Gwen, das Mädchen mit den blonden Locken und den traurigen Augen, trifft, will sie sich nicht länger verstecken. Es dauert nicht lange, bis sich zwischen den beiden eine innige Freundschaft entwickelt.

Zum ersten Mal in ihrem Leben ist Marie glücklich. Alles scheint perfekt. Wäre da nicht ihr Herz, das jedes Mal verrücktspielt, wenn sie in Gwens Nähe ist. Überfordert von ihren Gefühlen droht die Freundschaft zu zerbrechen.

Mein Leseerlebnis:

Luisa Strunk hat mit “Unser Platz in dieser Welt” einen einfühlsamen Coming-out Roman hingelegt. Protagonistin Marie ist zu Anfang noch ein sehr verunsichertes Mädchen, mit dem man Mitleid haben kann. In ihren Büchern erlebt sie mit ihren Helden strahlende Abenteuer. Die Realität sieht aber leider ganz anders aus – dort versteckt sich Marie lieber auf dem Klo, als auf ihre Mitschüler treffen zu müssen. Im Verlauf der Handlung entwickelt sich Marie jedoch mehr und mehr zu einer selbstbewussten jungen Frau. Nach einer zufälligen Begegnung auf dem Spielplatz stellt Marie fest, dass ihre Mitschülerin Gwen gar nicht so gemein ist, wie die anderen Mädchen aus ihrer Schule. An diesem Punkt der Geschichte ist eigentlich schon früh klar, an wen Marie ihr Herz verlieren würde. Allerdings wird die Annäherung der beiden Mädchen behutsam und nachvollziehbar erzählt, mit durchaus romantischen aber nie kitschigen Szenen. Dabei muss Marie nicht nur ihre Gefühle für Gwen aushandeln, sondern auch, wie der Titel bereits anklingen lässt, ihren Platz in der Welt neu finden. Weg vom einsamen Mauerblümchen, hin zu einer jungen Frau, die sich so schnell nicht mehr unterkriegen lässt. 

Fazit:

Luisa Strunk hat mit ihrem Debütroman eine schöne, lebensnahe Geschichte geschaffen, die mich persönlich sehr in meine eigenen Wirren der Teenagerzeit zurückversetzt hat. Empfehlenswert für alle, die selbst ihren Platz in dieser Welt suchen – und tun wir das nicht irgendwie alle? 😉

Interview mit der Autorin Luisa Strunk

Luisa Strunk, Autorin vom Coming-out Roman "Unser Platz in dieser Welt"

Luisa, wie kamst du auf die Idee, einen lesbischen Coming-out Roman zu schreiben?

Luisa: Da ich selbst auf Frauen stehe, war für mich schnell klar, dass es in meinem ersten Buch um die Liebe zwischen zwei Mädchen gehen wird. Viele Menschen brauchen ja (leider) sehr lange, bis ihnen bewusst wird, dass sie sich zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlen. Dieser Prozess des Coming-ins hat auch in meinem Leben eine sehr große Rolle gespielt. Mit meinem Buch will ich gerade jüngeren Menschen zeigen, dass sie mit ihren Gedanken und Gefühle nicht allein sind, auch, wenn es ihnen manchmal so vorkommt. Als ich jünger war, hätte ich mir so eine Geschichte gewünscht und dadurch sicher vieles, was in mir vorgegangen ist, besser verstanden und mir dadurch vielleicht sogar ein paar Umwege erspart. Für mich ist die Geschichte von Marie und Gwen aber nicht nur ein Roman über die erste große Liebe zwischen zwei Mädchen und die Suche nach sich selbst, sondern auch über Mobbing, Freundschaft und tiefe Verbundenheit.

Ich kam also letztendlich auf die Idee und habe mich für „Unser Platz in dieser Welt“ als mein Debüt entschieden, weil ich eine Geschichte schreiben wollte, in der sich die Leser selbst wiederfinden, die sie berührt und zum Nachdenken bringt. Für mich ist „Unser Platz in dieser Welt“, einfach ein absolutes Herzensprojekt und der perfekte Start als Autorin in die Buchwelt! <3

Wie viel Luisa steckt in Marie? Wie viel in Gwen?

Luisa: „Unser Platz in dieser Welt“ hat einen großen Ich-Anteil. Ich werde oft gefragt, ob ich in meinem Buch mein eigenes Leben beschreibe 😀 Nein, es handelt sich nicht um einen autobiografischen Roman: Die Personen, die ich beschreibe existieren nur in meinem Buch und auch die Handlung ist frei erfunden. Marie und ich haben natürlich trotzdem einige Gemeinsamkeiten. Wobei Marie weniger mit meinem heutigen Ich zu tun hat, als mit meinem Früheren. Auch ich hatte Probleme in der Schule und habe mich oft allein gefühlt, bis ich Freunde gefunden habe, die mich genauso mochten, wie ich war. Außerdem lieben wir beide Harry Potter. Ich bin aber definitiv Team Gryffindor! Außerdem war ich nie so still und schüchtern wie Marie. Unsere Familienverhältnisse unterscheiden sich stark voneinander und meine Liebe zu Büchern kommt nicht im Geringsten an ihre Leidenschaft fürs Lesen heran. 😉 An manchen Stellen fiel es mir sogar sehr schwer, mich in Marie hineinzuversetzen und ihre Gedanken und Gefühle passend zu beschreiben. In Gwen steckt weniger Luisa, als in Marie. Uns verbindet aber der leichte Hang zur Dramatik und das Bedürfnis von Zeit zu Zeit aus dem Leben auszubrechen.

Planst du weitere Bücher mit LGBT-Thematik?

Luisa: Ja, auf jeden Fall! Ich habe so viele Ideen im Kopf und freue mich selbst über jedes neue Buch mit LGBT*-Thematik, das in letzter Zeit erscheint. Meiner Meinung nach gibt es bisher immer noch viel zu wenig davon und in dem Bereich besteht auf jeden Fall Nachholbedarf! Noch vor zwei Jahren war ich in einer großen Buchhandlung und habe speziell nach Büchern gefragt, in denen die Liebesgeschichte zwischen zwei Mädchen im Vordergrund steht, woraufhin mir mitgeteilt wurde, dass man leider nichts in der Buchhandlung habe, das in diese Richtung gehen würde. Ganz schön enttäuschend, in einer Zeit, in der alle immer von Toleranz und Vielfalt reden. Ich kann allerdings noch nicht genau sagen, in welche Richtung es sich bei mir entwickeln wird. Zum aktuellen Zeitpunkt habe ich im Kopf, dass ich gerne Jugendbücher und Fantasyromane schreiben möchte, aber auch Liebesromane, in denen es um die Liebe zwischen Frauen gehen wird.

Hast du selbst ein LGBT-Lieblingsbuch?

Luisa: Ich habe kein konkretes LGBT*-Lieblingsbuch. Einfach, weil ich mich nicht entscheiden kann 😀 Wie gesagt: In der letzten Zeit sind so viele tolle LGBT*-Bücher erschienen! Ganz oben stehen auf jeden Fall Den Mund voll ungesagter Dinge von Anne Freytag, Same Love von Nadine Roth und Simon vs. the Homo Sapiens Agenda von Becky Albertalli.