Ein Junge im Körper eines Mädchens zu sein ist nicht leicht. Ein Junge im Körper eines Mädchens zu sein, mit lesbischen Großmüttern und einer überforderten, alleinerziehenden Mutter zusammenzuleben – das ist besonders speziell! So ergeht es Ray im Film “Alle Farben des Lebens”, der vor Kurzem auf DVD erschienen ist. Von mir gibt’s eine absolute Guck-Empfehlung!
“Alle Farben des Lebens” erzählt eine turbulente, charmante, queere Familiengeschichte. Der 16-jährige Ray lebt mit seiner alleinerziehenden Mutter Meggie, seiner lesbischen Oma Dolly und deren Partnerin zusammen und hat ein Problem – denn er wurde im Körper eines Mädchens geboren. Um die ersehnte Hormontherapie beginnen zu können, benötigt Ray nicht nur die Einverständiserklärung seiner Mutter, sondern auch die seines Vaters, zu welchem es keinen Kontakt gibt. Die Kontaktaufnahme wühlt nicht nur Ray, sondern auch besonders seine Mutter auf…
Der Film ist eine erfrischende Komödie mit ernster Thematik. Es wird deutlich, dass das Leben im falschen Körper für Ray eine Qual ist. Es wird ebenfalls klar, dass seine Mutter und Oma jeweils ihre Bedenken hinsichtlich der Umwandlung haben. Aber nichtsdestotrotz bewahrt sich der Film ein Augenzwinkern und einen liebevollen Humor inmitten brisanter Fragestellungen. In einem meiner Lieblingsdialoge macht Oma Dolly ihren Bedenken Luft: “Warum kann sie nicht einfach lesbisch sein?” Meggie antwortet: “Weil sie ein Junge ist!” Fast erfrischend, dass Lesbischsein hier als normal gilt – und doch so bezeichnend, dass eine Lesbe, die ja selbst nicht der überall anerkannten Norm entspricht, sich damit schwer tut, Transsexualität zu verstehen. “Mit Frauen zu schlafen bedeutet nicht, dass du frei von Vorbehalten bist – sondern dass du glücklich bist”, erklärt Dolly trocken dieses Phänomen.
Susan Sarandon spielt die Rolle der frechen Oma hinreißend. Das lässt sich allerdings auch über die anderen Darstellerinnen sagen. Naomie Watts gibt eine sympathische, jedoch mit der Situation überforderte Mutter, die selbst noch in einem persönlichen, teenagerartigen Gefühlschaos steckt. Elle Fanning mimt den Transgender-Jungen Ray wütend-entschlossen und trotz Fannings kindlich-weichen Gesichtszügen sieht man jederzeit den jungen Mann in ihr. Die Figuren sind authentisch und obgleich die Familiensituation als ganz schön speziell empfunden werden kann, nimmt man sie diesen Charakteren vollkommen ab.
Für meinen Geschmack nimmt die Geschichte gegen Ende einen Twist, der alles nochmal verkompliziert, was für die Botschaft des Films nicht mehr nötig gewesen wäre. Allerdings bleibt sich die Story in dem Anliegen “alle Farben des Lebens” zu thematisieren mit der Darstellung einer vollkommen chaotischen Familienkonstellation bis zum Schluss treu. Im Original heißt der Film übrigens “3 Generations”, was den Fokus mehr auf die drei Generationen von Frauen wirft – die feministischen, lesbischen Omas, die tolerante, aber etwas passive Single-Mutter und die Tochter, die ein Junge ist. Eine schöne Aufnahme möglicher Frauen- und Familienleben in einer offenen Gesellschaft von heute – und auch ein Plädoyer dafür, dass Offenheit uns zusammen bringt.
Absolute Guck-Empfehlung! 🙂
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